Freitag, 13. September 2013

Spätsommer



Sie hält es fest, ihr kleines Stück Spätsommer, während er an ihrer Seite sitzt und schweigt! Beide schweigen, doch schweigen sie unterschiedliche Sprachen, verschiedene Worte und andere Wünsche! Sie schweigt „Lieb Mich“, er schweigt „Flieh!“. Sie hält seine Hand wie das Stück Spätsommer  fest, in der Hoffnung ihm zu zeigen, er müsse sich nicht fürchten. Er schließt die Augen, Spätsommer erreicht seine Ohren, seine Haut und seine Hand und er schweigt „Bitte flieh!“.  Blicken schweifen über sorgenbefreites Leben und er flieht in die anonymen Augen lächelnder Spätsommermenschen und ihre Worte werden zur inhaltlosen Melodie dieser Nacht! Es fällt schwer zu folgen, wenn man zu müde ist zum Gehen, es fällt schwerer zu folgen, ist man zu müde zum Folgen! Spätsommerliche Lippen durchbrechen das Schweigen und schreien ihn liebevoll und innig an und er schreit mit. Aus Verzweiflung, weil es beruhigt zu schreien und weil es besser ist als Schweigen! Ein langer inniger Schrei, gefolgt von langem innigen Schweigen. Er in sich, Sie in Sich! Ein kleines Stück Spätsommer landet auf seinem Schuh, er lächelt ihm anonym zu und schweigt „Bleib!“

Patrick Berger 06.09.2013

Montag, 5. November 2012

Die Straße

Auf einmal sah er alles ganz klar vor sich liegen. Die kleine Strasse, welche er schon tausend mal gegangen war, den alten Briefkasten, von dem er schon unzählige Male hoffte er könne ihm all die Geschichten erzählen die durch ihn erzählt wurden, die kleinen Gärten hinter seinem Haus, die zu dieser Zeit aussahen, wie Wartende an Flughäfen, welche schon zu lange auf die Heimkehr eines geliebten Menschen warten, für all die kleinen Gärten war dieser Geliebte wohl der Frühling. So wie es jeder Geliebte schafft das Leben in einem zu entfachen und man in eine wartende Ohnmacht fällt, solange diese Person nicht die gleiche Luft atmet!
Jeder Reiz funktionierte auf einmal besser und schärfer als jemals zuvor und all das nur wegen dieser Worte? Er stand da und hörte in sich hinein, hörte sein Herz schlagen und spürte wie jeder Schlag das Blut durch seinen Körper pumpte welches ihm Leben schenkte. Atmete bewusst wie nie zuvor und sog sich voll mit der kalten Herbstnacht die ihn umgab. Vier kleine Worte, die befreiten und wieder leben ließen, die Augen öffneten und Türen schlossen, welche er zu lange hat offen stehen lassen. Als würden ihm die Pflastersteine das Gehen abnehmen und ihn in ein neues Leben tragen. 
'Lass mich in Ruhe', vier kleine Worte, die den Krieg beendet hatten. 'Lass es gut sein', ja das würde er tun und alle Erinnerungen und Gefühle konservieren, nicht löschen, nur aufbewahren, ab und an einen kleinen Blick auf alte Zeiten riskieren und sie dann schnell wieder wegschließen, in der Naivität, dass der Duft der an diesen Momenten klebt, nie verfliegt!
Und so geht er sie weiter, seine Straße, Briefkästen und Gärten und gebrochene Herzen hinter sich lassend, auf der Suche nach einem neuen zu Hause. Und wie lange es dauern wird bis er eines findet und wie lange es dauern wird bis er sich angekommen fühlt, weiß nur die Straße.

Donnerstag, 6. September 2012

Von Katern und Steinchen

Es schmerzte jedes mal ein klein wenig mehr, den Stein vor sich her zu treten, doch er konnte nicht aufhören, denn es war die einzige Ablenkung die er im Augenblick hatte. So schlich er durch die kleinsten Gassen seines Viertels, in dem Versuch möglichst unbemerkt zu bleiben, seine Trauer, seine Verzweiflung niemandem zu zeigen, wie eine getretene Katze, die sich zurückzieht um ihre Wunden zu lecken, bevor sie sich wieder in die Freiheit traut. Seine aufgequollenen Augen engten seine Sicht ein, so wie sein überfülltes Herz seine Welt einengte. Es macht aus seinem Universum eine kleine zerbrechliche Eisscholle, die jederzeit droht unterzugehen und auf der er nun kauerte, frierend, in der Hoffnung auf das rettende Land und doch dem eigentlichen Wunsch zu kentern. 'Tick Tick' rannte das kantige, kleine Erdfragment vor ihm davon, wie er selbst vor sich davon rannte, floh vor seinen Gefühlen und den bösen Gedanken, welche ihn immer wieder einholten und versuchten zum kentern zu bringen. Sein Zeh schmerzte ihm vom Treten des Steins und er liebte diesen Schmerz, der ihn für den Bruchteil einer Sekunde sein völlig zerstörtes Innenleben vergessen ließ. Immer nur einige Meter trat er den Stein vor sich her, um ihn nicht zu verlieren, er war sein Freund, sein Ventil, sein Katalysator. Er trat sie gern, die kleinen Steine, die kleinen Herzen der Mädchen und jedes mal war es der Schmerz des wegtretens der ihm zeigte das er noch lebte, den er brauchte um zu fühlen. Doch dieses eine mal hatte er wohl zu fest zugetreten, das kleine Herz zu weit weg von sich geschoben um es wieder zu erreichen und nun streunte er wieder allein durch die einsamen Gassen seines Viertels. Der getretene Kater der er war, ohne eine Miene zu verziehen ging er vorbei an puffigen Nachtclubs, Cafés und Kneipen aus denen der Lärm der Zufriedenheit und die Gerüche der Begierde strömten. Keine Emotion konnte ihn erschüttern, kein Lachen, kein Weinen, kein verzweifeltes Schluchzen einer Liebenden im trüben Schein der nächtlichen Stadtbeleuchtung. Er war eine emotionale Festung, welche undurchlässig für jedes Gefühl zu sein schien. Dieses über Jahre errichtete Bollwerk der Einsamkeit, in welches er ab und an Gäste lud, kleine Herzen, welche versuchten die Mauern zum Einsturz zu bringen, große Herzen, von denen er sich wünschte sie würden es versuchen und dieses eine ultimative Herz, welches er herrein ließ, als Gast, welches er einlud zu bleiben und welches dann floh aus seiner Welt. Diese eine, die ihn jetzt zurückließ in seiner kalten Festung, welche er nun noch massiver, noch stabiler und noch kälter um sich baute. 'Tick Tick', so trat er das kleine Stück Welt unenrmüdlich vor sich her, genau wie er es mit ihrem perfekten Herzen einst tat, doch ihr Herz war nun nicht mehr zu sehen, er hatte zu fest zugetreten, zu spät erkannte er den Diamanten den er trat, zu blind war er den Glanz zu erkennen. Nun glänzt sie für einen anderen Kater, einen ungetretenen, einen der es versteht sanfter zu spielen und nicht auf einsamen Eisschollen kauert. Und so zieht er weiter durch die dunklen Gassen seines Viertels, hofft auf Tritte die ihm zeigen, das er noch lebt und tritt selbst....'Tick Tick'....um nicht vergessen zu leben.

Patrick Berger

05.09.2012

Montag, 7. Mai 2012

Diese Zeit


Schlaflos verbrachte er die Tage seither, die Nächte auch, sich fragend was das war, was das ist. Lief und dachte auf und ab, kreuz und quer, auf der Suche nach Wegen durch die Zeit, auf der Suche nach Zeit, nach alten Zeiten, gelebten Zeiten, verpassten Zeiten und verschwendeten Zeiten. Seine Gedanken schwammen durch alle Zeiten und blieben ab und an, an einer verschwommenen Glückseeligkeit kleben. Sie wirken wie Aufnahmen eines vergangenen Lebens, einer anderen Welt, einer bunteren Zeit. Hektisch wandelte er nun durch das, was er Jetzt nannte, getrieben vom Wunsch nach Vergänglichkeit und der Sehnsucht nach seinem Stück Zeit. Eine kurze Zeit zum Atmen, einen Wimpernschlag zum Träumen und einen Augenblick ehrliches Lachen. Ein Marmeladenglas voll glücklicher Augenblicke, war was er sein Eigen nennen konnte, Vergangenheiten die er bewahrte, in der Hoffnung das sie eines Tages wieder beginnen zu leben. Er hällt es fest, sein Glas, läuft und denkt auf und ab, kreuz und quer, bis er sie findet, die gute Zeit.

Patrick Berger
05/2012

Samstag, 28. April 2012

Rendezvous der Dämmerung


Er sehnte sich nach Ihr, wie er sich seit dem Beginn der Zeit nach ihr sehnte, seit der Stunde in der beide zu existieren begannen, in der gleichen Welt, getrennt und doch untrennbar. Ihre Berührungen seither und von jeher nur flüchtig, intime Splitter der Zeit, die ihn mit ihr verbinden! Voller Geduld wartet Er, Stunde um Stunde, Minute um Minute, immer seinem Zyklus folgend, mal heiter, mal trübe, doch immer in der erwartungsschweren Gewissheit, ihrer Ankunft. Seit dem Anbeginn aller Zeiten hatten sie einander, weinend, strahlend, laut und leise und so selbstverständlich wie ihre Rendezvous im Zwielicht waren, so selbstverständlich war es, dass sie sich nie ganz hatten. Sie gehörten zusammen, wie der Mond und die Sonne zusammen gehörten, die wie Herzen in ihnen wohnten und doch war alles, was ihnen blieb, der flüchtige Kuss der Dämmerung, eine kurze Berührung zur blauen Stunde, bis einer von beiden weichen muss. Und was währt, ist die Sehnsucht nach einer Zeit, nach allen Zeiten in der sie im Halbhellen und Halbdunklen einander haben können. Bis dahin geduldet Er sich, flieht vor ihr und sieht Sie vor ihm fliehen, mit der Erinnerung an Fragmente von Millionen von Begegnungen die kamen und Millionen die noch kommen werden. Er der Leben schenkt, sie die Ruhe bringt, Er der aufweckt, Sie, diejenige, die Schatten und den Schlaf mit sich trägt. Und was beiden bleibt, ist die Hoffnung auf eine Zeit nach allen Zeiten und die Gewissheit um die Endlichkeit aller Dinge.

Patrick Berger
04/2012

Mittwoch, 14. März 2012

Sie


Das kleine Pärchen aus Kastanienfiguren auf der Fensterbank stand schief und er blickte es müde aber herzlich an, denn jedes mal wenn er es sah, dann dachte er an Sie. Was sie wohl gerade macht, wem sie wohl gerade den Kopf verdreht ohne es zu bemerken und wer wohl im Augenblick an ihren Lippen hängt und jedem Wort begeistert folgt, so wie er all dies einst tat, als sie noch in der gleichen Welt lebten. Er wird es wieder tun, wenn sie sich wiedersehen, in dieser anderen Welt, in dieser Welt die nur ihnen beiden gehört und immer gehören wird. Und bis dahin wird er warten, atmen und mit jedem Atemzug ein klein wenig mehr in ihre Richtung rennen, träumen und jeden guten Traum wie eine Erinnerung festhalten, auf das ihr Bild in seinen Gedanken nicht verblasst und leben wie sie es tun würde, voller Hoffnung und Zuversicht, voller Glaube an die gute Zeit und voller Sehnsucht nach jeder Sekunde, auf das sie ein wenig schneller vorbei ziehen möge.
Dann blickt er wieder auf das kleine Pärchen aus Kastanien,er lächelt und in seinen Mundwinkeln sammeln sich die Tränen der Hoffnung und der Sehnsucht, eine auf jeder Seite! Sie fließen zusammen und was er schmeckt, ist Liebe, ist Sie!

Patrick Berger
03/2012

Donnerstag, 19. Januar 2012

Nur für einen Augenblick


Lächelnd, aber müde liegt sie auf dem Bett vor dem Kamin.
Es ist ein schöner Abend, eine sternenklare Nacht,
nur hier und da ein paar Schönwetterwolken.
Sie mit ihrem wundervollen braunen Haar,
ihren kleinen blauen Augen und diesem wunderschönen Körper.
Sie liegt einfach nur da, als ob sie über irgendwas ganz angespannt nachdenkt.
Ja ich liebe sie, man muss sie einfach lieben.
So wie sie ist, ihre ganze Art, die Weise wie sie mit meinen Gefühlen spielt,
sie macht mich total verrückt. Eine Chance haben werd ich bei ihr nie, nein.
Ja sie liebt mich, aber sie sagt es nicht, nicht in aller Öffentlichkeit und auch
nicht zu mir, aber sie liebt mich.
Sie muss mich einfach lieben, ich bin zwar nicht schön, auch nicht intelligent
oder charmant,
nein ich bin einfach nur ihr Bruder.
So wie jeder andere Bruder mit einer Zwillingsschwester.
Was würde ich dafür geben nur für einen Augenblick nicht ihr Bruder zu sein,
nur einen Augenblick lang ihre Hand zu halten, ohne diese Angst, die anderen
würden lachen.
Nur einen Augenblick lang ihre Lippen berühren, mit der Gewissheit ihre Liebe
schmecken zu können.
Einmal möchte ich mit ihr Hand in Hand durch die Straßen gehen können, ohne das
mich die Blicke der Menschen stören.
Aber es geht nicht, sie liebt mich zwar, aber sie wird es mir nie ins Gesicht sagen,
sie wird auch nie eine Andeutung machen dass es so wäre, es ist einfach so.
Ich bin für sie eben nur ihr Bruder, einfach nur ihr Bruder.
Aber ich würde alles dafür geben, nur für einen Augenblick, nicht ihr Bruder zu sein.



Patrick Berger
07/2000