Samstag, 29. Oktober 2011

Die Maske


Noch ein letztes mal wollte er die Maske aufsetzen, einmal noch allen zeigen das er es kann, das er großartig ist und das er es verdient im Rampenlicht zu stehen. Ein letztes Mal in die Manege treten und unter dem Jubel der Massen und den sehnsüchtigen Blicken der Mädchen beweisen wer er ist, was er ist, es ihnen beweisen, es sich selbst beweisen. Noch einmal setzt er sie auf, tritt in die ins Licht und hört sie und sieht sie...alles und jeden, wie er sie immer hörte und sah, nur dieses Mal viel deutlicher und bewusster als jemals zuvor. Und sie sahen ihn, wie sie ihn immer sahen, maskiert, stolz und geheimnisvoll. So wie er war, für sie. Und was waren sie für ihn, Zuschauer eines Dramas, von dem jeder dachte es wäre eine Komödie und welches sich nun seinem tragischen Ende nähert und keiner von ihnen, nicht einmal die die ihn schon lange kannten und ihn schon oft gesehen hatten, hätten auch nur vermutet, das er nicht das war, was er war wenn er die Maske trug.
Er ging auf sie zu, ließ sich bejubeln und feiern, alle sahen ihn und alle jubelten wie er seine Kunststücke vollführte, sie alle zum Lachen brachte, doch er hörte nicht mehr zu, sah nicht mehr hin und kannte plötzlich keinen mehr von ihnen. Alles war taub um ihn herum und sie feierten ihn trotzdem, obwohl er nur noch da stand, das Licht auf ihn gerichtet und die lachende Maske im Gesicht. Doch niemand sah die Tränen und das schmerzverzerrte Gesicht dahinter, niemand ahnte, das die Show nun zu Ende gehen würde.
Dann fiel sie, die geliebte und doch verhasste Maske und alles was blieb, war ein müdes Lächeln, eine Verbeugung und dann wussten sie alle, das er sie nie wieder für sie tragen würde.
Jetzt sah es jeder, sein schmerzverzerrtes, von Tränen aufgeweichtes Gesicht.

Patrick Berger
10/2011

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Der General


„Schweigt, schweigt!
Seid endlich leise!“, befahl er Ihnen und wusste zugleich, dass sie seinen Befehl missachten würden. „Ich habe gesagt, ihr sollt schweigen!“. Doch er sagte es nicht und sie hörten es nicht. Er hätte es nicht sagen können, denn sie hätten ihn nicht verstanden und doch schrie er sie an, immer und immer wieder. Er war ihr General, ihr oberster Befehlshaber, nur er konnte ihnen sagen was sie zu tun und zu lassen haben oder umgekehrt. Er war ihr bester Freund, denn nur er kannte sie auf diese Art und Weise, es sei denn einer von ihnen flüchtete sich einmal unzensiert an die Öffentlichkeit. Doch für ihn waren sie seine schlimmsten Feinde. Verunsicherten und Verwirrten ihn, redeten ihm Dinge ein die nicht sein durften und Dinge aus, die nicht zu tun unmöglich war. „Bitte seid endlich leise.“, flehte er und hörte sie lachen und immer lauter werden. Sie rebellierten, wo sie doch eigentlich seine treuesten Diener hätten sein sollen. Die Rebellion des Wahnsinns. Wie oft hatte er diese Wahnsinnigen geliebt, dafür das sie zu ihm kamen wenn er sie rief, dafür das sie Welten für ihn formten und ihn aus der Trostlosigkeit dieser Welt entführten. Und wie sehr hasste er sie jetzt, dafür das sie Katz und Maus mit ihm spielten, ihn Verunsicherten und Verwirrten, ihm Dinge einredeten, die nicht sein durften und Dinge aus, die nicht zu tun unmöglich war!
Da nahm er sie, alle auf einmal, flüsterte ihnen zu, dass es jetzt an der Zeit sei „Lebe Wohl“ zu sagen.Und dann, das erste mal seit Langem, redeten sie mit ihm wie früher, zu ihren guten Zeiten, doch jetzt wollte er nicht mehr zuhören.
Er trat auf den herbstbraunen Hof im Garten, Schweiß rannte über seine Stirn und lächelnd flüsterte er ein leises „Lebt Wohl“ in den Wind.
Dann schwiegen sie alle, ein ewiges bleiernes Schweigen!

Patrick Berger
10/2011

Immer


Jede Nacht bete ich dafür,
dich am nächsten Morgen nicht mehr lieben zu müssen,
Jeden Morgen liebe ich dich mehr!
Jeder Träne flüster ich melancholisch zu...
"Schrei sie an und zeig dich ihr,
derjenigen die dich herrauf beschworen hat!"
In jedem Traum der dich mit sich in meine schwitzige Nacht trägt,
weine ich die Tränen vergangener Leben und bete für einen Heiligen
der den Dämon mit deinem Namen endlich aus mir treibt!
Jeder Augenblick der frei ist,
frei von Tränen und Trauer,
frei von Liebe und Leidenschaft,
frei von Sehnsucht und Selbsthass,

Frei von dir...

in jedem dieser Augenblicke,
Fragmente einer Existenz,
merke ich das ich wieder ein klein wenig mehr gestorben bin!

Patrick Berger
05/2011

Der Atem


Ein Arm hebt sich am Straßenrand, ein Schrei!
Vater setzt den Blinker rechts, abrupt, der Wagen hällt!
Vater springt heraus, Mutter springt hinterher, der Sohn schaut schweigend, steigt aus und geht, schweigend. Der Sohn kommt an, schweigend, starrend und starrt auf das Blech am Baum, das Blut am Blech und dann auf den Schrei. Der Schrei ist siebzehn, liegt, weint, leidet und fragt nach dem Atem! Der Atem schreit nicht, weint nicht, er liegt und atmet, schweigend, röchelnd, halb-lebend.
Der Sohn geht zum Atem, kniet nieder, schaut und fragt, berührt und kämpft! Jetzt kämpfen sie beide ums Überleben. Die Nacht, der trübe Freund des Todes, legt sich schwer auf Beide, auf des einen Gemüt, auf des Anderen Leben. Dann geht der Atem mit der Nacht und lässt den Sohn zurück.
Jetzt haben sie die Nacht gesehen,
doch wann kehrt der Tag zurück?

Patrick Berger
10/2011