Donnerstag, 27. Oktober 2011

Der General


„Schweigt, schweigt!
Seid endlich leise!“, befahl er Ihnen und wusste zugleich, dass sie seinen Befehl missachten würden. „Ich habe gesagt, ihr sollt schweigen!“. Doch er sagte es nicht und sie hörten es nicht. Er hätte es nicht sagen können, denn sie hätten ihn nicht verstanden und doch schrie er sie an, immer und immer wieder. Er war ihr General, ihr oberster Befehlshaber, nur er konnte ihnen sagen was sie zu tun und zu lassen haben oder umgekehrt. Er war ihr bester Freund, denn nur er kannte sie auf diese Art und Weise, es sei denn einer von ihnen flüchtete sich einmal unzensiert an die Öffentlichkeit. Doch für ihn waren sie seine schlimmsten Feinde. Verunsicherten und Verwirrten ihn, redeten ihm Dinge ein die nicht sein durften und Dinge aus, die nicht zu tun unmöglich war. „Bitte seid endlich leise.“, flehte er und hörte sie lachen und immer lauter werden. Sie rebellierten, wo sie doch eigentlich seine treuesten Diener hätten sein sollen. Die Rebellion des Wahnsinns. Wie oft hatte er diese Wahnsinnigen geliebt, dafür das sie zu ihm kamen wenn er sie rief, dafür das sie Welten für ihn formten und ihn aus der Trostlosigkeit dieser Welt entführten. Und wie sehr hasste er sie jetzt, dafür das sie Katz und Maus mit ihm spielten, ihn Verunsicherten und Verwirrten, ihm Dinge einredeten, die nicht sein durften und Dinge aus, die nicht zu tun unmöglich war!
Da nahm er sie, alle auf einmal, flüsterte ihnen zu, dass es jetzt an der Zeit sei „Lebe Wohl“ zu sagen.Und dann, das erste mal seit Langem, redeten sie mit ihm wie früher, zu ihren guten Zeiten, doch jetzt wollte er nicht mehr zuhören.
Er trat auf den herbstbraunen Hof im Garten, Schweiß rannte über seine Stirn und lächelnd flüsterte er ein leises „Lebt Wohl“ in den Wind.
Dann schwiegen sie alle, ein ewiges bleiernes Schweigen!

Patrick Berger
10/2011

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